Am 10.8. haben wir im Tommyhaus ein Konzert mit der spanischen Ska-Punk Band „Kaso Perdido“ veranstaltet. Nach dem Konzert haben wir sie zu verschiedenen Themen, die uns am Herzen liegen, interviewt. Unter anderem nahm die Band Stellung, zu den Antisemitismusvorwürfen, die sie schon seit einger Zeit begleiten. Alle Alben der Band könnt ihr euch auf deren Homepage (http://www.kasoperdido.com/) kostenlos herunterladen.
1.
Cable Street Beat: Beschreibt eure Band doch mal kurz, was unterscheidet euch von anderen Ska-Punk Bands? Was macht euch besonders?
Kaso Perdido: Wir sind eine Ska-Punk Band und versuchen unsere Songs mit Reggae, Street Punk, Cumbia und keltischer Musik zu kombinieren. Unsere Song sind kämpferisch und meist von sozialen Inhalten geprägt. Die Musik ist unsere Form Missstände aufzuzeigen und zu kämpfen.
Der Unterschied zu anderen Bands ist vielleicht, dass wir sehr überzeugt von der Botschaft unserer Texte sind, was uns an vielen Orten schon Probleme, auch persönliche Angriffe, eingebracht. Ich denke, dass merkt mensch unseren Texten auch an.
2.
CSB: Wie entstehen bei euch neue Songs? Wer hat normalerweise die Ideen oder entsteht alles gemeinschaftlich?
KP: Normalerweise kommt Mayo (Sänger und Gitarrist) mit nem neuen Textfetzen über irgendwas, was gerade in der Welt so los ist zur Probe und wir besprechen dann alle zusammen, wie wir das umsetzen können. Aber manchmal entstehen neue Texte auch aus dem ganz normalen Gespräch heraus, wenn wir uns zum Beispiel in der Kneipe über aktuelle soziale Probleme austauschen.
3.
CSB: Gibt es Songs, die für euch einen besonderen Stellenwert haben? Wenn ja warum?
KP: Uns sind alle Songs gleich wichtig, aber „Teleadictos“ und „Despierta Revolución“ haben uns bekannt gemacht, das sind Songs, die wir niemals von der Setlist streichen könnten. In weniger als fünf Jahren haben wir jetzt drei Alben produziert und jedes Mal fällt es uns schwerer Songs für die Setlist zu bestimmen.
4.
CSB: Eure Lieder sprechen ja eindeutig eine linkspolitische Sprache. Gibt es bestimmte Themen innerhalb der Linken, die euch besonders am Herzen liegen?
KP: Das größte Problem, dass wir heute sehen, ist die große soziale Ungleichheit zwischen arm und reich und, dass sich diese Ungleichheit jetzt während der Krise weiter verschärft. Die Arbeitenden oder die Arbeiterklasse, verlieren immer mehr Rechte. Die Banken und Politiker_innen bestimmen von Tag zu Tag mehr über uns. Das ist es wogegen wir mit jedem Konzert ankämpfen. Aber wir kämpfen auch gegen Rassismus, Faschismus, gegen Nazis und Machos, und auch gegen Stierkämpfe. Es gibt viel zu tun und wofür es sich zu kämpfen lohnt.
5.
CSB: Seid ihr auch außerhalb der Band politisch aktiv? Wenn ja, wie sieht euer Aktivismus aus?
KP: Wir helfen überall dort, wo wir es für möglich und sinnvoll halten. Ihr findet uns zum Beispiel auch auf Kundgebungen und Demonstrationen, aber wir arbeiten auch mit verschiedenen Zeitschriften zusammen. Wir setzen unsere Musik wie eine politische Waffe ein, um unsere Botschaft zu verbreiten. Jedes Mal wenn es eine Schlacht zu schlagen gibt findet ihr uns auf der Straße. Wir haben Kämpfe mit Menschen aus Spanien, Deutschland und Mexiko geteilt. Wenn wir in sozialen Zentren gespielt haben, haben wir wo es ging geholfen und jede gute Idee so gut es ging unterstützt. Wir versuchen auch so gut es geht unseren Kampf übers Internet und Zeitschriften zu verbreiten. Und in unserem täglichen Leben sind wir jeden Tag auf der Straße um die Dinge zu verändern.
6.
CSB: In Spanien gibt es ja aktuell viel politische Bewegung (Bergarbeiter_innen, „Indignad@s“, Widerstand gegen die Sozialsparmaßnahmen,…). Glaubt ihr, dass da gerade was Hoffnungsvolles am Entstehen ist? In welcher Rolle seht ihr euch sowohl persönlich, als auch als Band?
KP: Wir denken schon, dass etwas Neues entstehen muss, aber dazu muss es zunächst eine Veränderung der Mentalität im Land geben. Es gab einige Jahre, da sahen die Dinge ganz gut aus, aber dafür müssen wir jetzt die Rechnung zahlen, jetzt müssen wir erkennen, dass Alles Lüge war und dass sie die ganze Welt betrogen haben.
Aber trotzdem erwacht gerade irgendetwas. Wir werden diese Veränderung auf jeden Fall weiter forcieren. Wir als Band, sind eine der Gruppen, an denen sich die Politiker stören, weil dort wohin wir gehen, sprechen wir aus, was Viele denken, aber Wenige ansprechen. Die spanische Regierung heute ist ein faschistisches und unterdrückendes Regime, deshalb werden Gruppen wie wir als sehr störend empfunden.
Es sind schwierige Zeiten, weil die Politik uns nicht oft spielen lässt und immer wenn wir spielen, gibt es trotzdem irgendwelche Probleme, aber jedes Mal, wenn wir sie stören, heißt es auch, dass wir unsere Sache gut gemacht haben.
7.
CSB: Seit einiger Zeit begleiten euch ja nun schon Antisemitismusvorwürfe wegen des Songs „Palestina“. Wie seht ihr das Lied heute? Könnt ihr die Vorwürfe verstehen? Was ist eure Perspektive auf den Israel-/Palästinakonflikt?
KP: Kaso Perdido ist KEINE antisemitische Band und wir waren es auch nie. In dem Lied „Palestina“ singen wir von der Regierung und dem Militär und NICHT über die Bevölkerung Israels oder die Religion. Unser alltäglicher Kampf ist für eine Welt in Frieden und nicht für die Konfrontation zwischen Völkern oder Religionen.
Vielleicht wurde der Song falsch verstanden, weil wir nicht von Israel als Volk singen. Wir haben immer Ungerechtigkeiten angeprangert, und vor allem die, die die Macht besitzen. Wir reden von Regierungen, wie die Mexikanische, Israelische, Spanische, etc…. Definitiv, dass Einzige woran wir glauben ist, dass sich dort etwas ändern muss.
Palästina und Israel müssen an einen Moment des Friedens und des Verständnisses ankommen. Ohne Waffen, ohne Kampf ohne Tote, auf beiden Seiten. Davon singen wir. Als das Lied falsch verstanden wurde, kamen logischerweise Vorwürfe auf, aber sie ließen uns bis heute nicht unsere Sicht darlegen.
Das Problem zwischen Israel und Palästina ist kompliziert, weil wie mensch sieht, sehr leicht Sensibilitäten verletzt werden können, aber es ist ein Problem, was gelöst werden muss. Heute glauben wir, dass auf die ein oder andere Art der Frieden erreicht werden muss, damit die beiden Völker eines Tages in Frieden zusammen leben können. Und denjenigen, die denken, wir wären Antisemiten können wir nur ein ganz klares Nein entgegen bringen. Kaso Perdido ist eine antifaschistische, antirassistische Band, die sich egal wo auf der Welt mit der Arbeiterklasse solidarisch erklärt.
8.
CSB: Wenn ihr euch eine Band oder eine_n Künstler_in für ein gemeinsames Konzert wünschen könntet, wer würde es sein und wo würde es stattfinden?
KP: Vor Jahren gab es viele Bands, mit denen wir gerne zusammengespielt hätten. Heute ist es uns zunehmend egal. Was zählt ist, dass das Publikum eine gute Zeit hat. Wir spielen mit allen Bands gerne, ob groß oder klein, wir wollen nur, dass das Konzert gut ist und die Leute sich amüsieren. Das Gleiche gilt auch für den Ort. Es ist nicht wichtig, ob wir auf der Straße oder auf einer großen Bühne spielen.
9.
CSB: Wie wird es mit Kaso Perdido weitergehen? Wo seht ihr euch in fünf Jahren?
KP: Nächstes Jahr 2013, feiern wir 5 Jahre Kaso Perdido. Außerdem werden wir ein neues Album rausbringen und überall dort auftreten, wo wir können. Und in fünf Jahren wollen wir soviel reisen und spielen wir möglich. So schnell es geht wollen wir nach Deutschland, Mexiko, Kroatien, usw. zurückkehren und weiterhin an den Sachen Spaß haben, die wir anpacken.
10.CSB: Gibt es noch irgendetwas, was ihr an dieser Stelle loswerden wollt?
KP: Wir bedanken uns für das Interview und dafür, dass ihr uns ein wenig habt erklären lassen. Für uns ist das was ihr macht eine Unterstützung und wir hoffen, dass Kollektive wie eures weiterhin die Revolution von unten aufrechterhalten.
DANKE!! Prost-Freiheit-Antirassismus und Solidarität!!!